Königreich Sachsen
Die Geschichte Sachsens im 19. Jahrhunderts war wechselhaft: Sachsen wurde zunächst ein Verbündeter Napoleons und 1815 als Spielball der Großmächte auf dem Wiener Kongress aufgeteilt. Trotzdem konnte Sachsen sich zu einem starken Königreich entwickeln, das sich durch Reformen modernisierte und im kulturellen Bereich fortschrittlich blieb. Im Jahr 1848 kam es auch in Sachsen zu Unruhen und Forderungen nach Bürgerrechten und politischer Teilhabe.
1806 wurde Sachsen zum Verbündeten Napoleons und wurde im selben Jahr zum Königreich erhoben: Kurfürst Friedrich August III. bestieg als Friedrich August I. den Thron. Auch die sächsisch-polnische Union wurde wiederhergestellt. Doch das Blatt wendet sich gegen Napoleon – und somit gegen Sachsen. Im berüchtigten Russlandfeldzug im Oktober 1813 beteiligten sich 20.000 sächsische Soldanten. Die »Völkerschlacht« in Leipzig besiegelte den Niedergang des französischen Feldherrn und damit die Marginalisierung Sachsens in Deutschland.
Wiener Kongress
Sachsen wurde beim Wiener Kongress 1815 übergangen und verlor als Spielball der Großmächte im Norden Landesteile an Preußen, woraus die »Preußische Provinz Sachsen« entstand. Preußen konnte Sachsen als Konkurrenten um die Vormachtstellung in Deutschland ausschalten. Trotzdem blieb das sächsische Königtum stark und es entwickelte sich in Sachsen eine Symbiose aus spätabsolutistischer Monarchie und Frühkapitalismus. Detlev Graf von Einsiedel betrieb restaurative Politik und Südwestsachsen war ein wichtiger Treiber für Bergbau, Maschinenbau und Textilwirtschaft.
Vormärz
Die Pariser Juli-Revolution von 1830 führte zu Spannungen in Sachsen, die jedoch vom König durch eine ausgleichende Haltung abgemildert wurden. Unter der Führung des Liberalen Bernhard von Lindenau wurde 1831 eine fortschrittliche Verfassung verhandelt, die dem Parlament erhebliche Mitspracherechte sicherte. Obwohl das Wahlrecht weiterhin nach dem Zensuswahlrecht ausgerichtet war, fanden fortan Wahlen statt.
Im 19. Jahrhundert unternahm die Regierung von Sachsen lang erwartete Reformen, darunter eine Agrar-, Schul- und Verwaltungsreform, um das Land zu modernisieren. Die Einheit innerhalb Sachsens wurde gestärkt, indem einige Regionen nach und nach von ihren Sonderrechten abrückten. Im Jahr 1834 trat Sachsen dem Deutschen Zollverein bei und eröffnete 1839 die erste Fernzugstrecke zwischen Leipzig und Dresden-Neustadt in Deutschland. Chemnitz und das Erzgebirge waren führende Industrieregionen in Deutschland. Auch im kulturellen Leben blieb Sachsen fortschrittlich: Dresden und Leipzig waren Zentren für Geistes- und Kulturleben. In Dresden baute Gottfried Semper seine Opern, Richard Wagner arbeitete lange Zeit dort, und König Johann verfasste eine renommierte Übersetzung von Dantes »Göttlicher Komödie«. In Leipzig, der größten Musikstadt Deutschlands, arbeiteten Felix Mendelssohn Bartholdy und Robert Schumann.
Revolution 1848 und Einigungskriege
Im Jahr 1848 gab es auch in Sachsen Unruhen, die den Königshof zur Flucht auf die Festung Königstein zwangen. Die Menschen forderten Bürgerrechte und politische Teilhabe. Die Krone reagierte schnell und gewährte Presse-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Trotzdem scheiterte die Revolution von 1848/49 und die Restauration festigte sich in den folgenden Jahren. Sachsen stand im Preußisch-Österreichischen Konflikt auf der Seite der Habsburger und verlor in der Schlacht von Königgrätz. Doch nach seiner Niederlage schloss sich Sachsen dem Norddeutschen Bund unter Führung Preußens an. 1870/71 war Sachsen am Sieg über Frankreich maßgeblich beteiligt und sicherte sich im Deutschen Kaiserreich eine Stellung auf Augenhöhe mit anderen Mittelmächten.
Sachsen im Kaiserreich
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erlebte die Wirtschaft erneut einen Aufschwung, ähnlich wie in den vergangenen Epochen zuvor. Allerdings brachte die rapide fortschreitende Industrialisierung eine massive Urbanisierung mit sich, die zahlreiche soziale Probleme aufwarf und somit den Nährboden für die Arbeiterbewegung bildete. Besonders in Sachsen fand sie früh und mit beachtlicher Stärke Anklang.
In dieser Zeit erlebte Sachsen eine Blütezeit in Kultur und Wissenschaft. Leipzig strahlte als strahlendes Juwel der deutschen Hochschullandschaft, während Dresden das prächtige »Blaue Wunder« erbaute. Die Künstlervereinigung »Die Brücke« übte einen großen Einfluss auf den Expressionismus aus. Berühmte Opern von Richard Strauss, darunter »Der Rosenkavalier«, wurden uraufgeführt. Im Jahr 1889 feierte das Haus Wettin sein 800-jähriges Herrschaftsjubiläum und 1907 wurde mit dem Fürstenzug in Dresden das letzte Herrschaftssymbol des Königreichs vollendet. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahmen die Revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte weithin die Machtzentralen und König Friedrich August III. verzichtete am 13. November 1918 freiwillig auf den Thron. Dank seiner Anweisung, keine Gewalt gegen die Revolutionäre anzuwenden, verlief die Revolution in Sachsen vergleichsweise friedlich.
Nu da machd doch eiern Drägg alleene!
(Friedrich August III. zugeschriebener Kommentar zu dessen Abdankung)
Weiterführende Informationen
- 4. Sächsische Landesausstellung Boom. 500 Jahre Industriekulut in Sachsen
- Albertinum: Kunst von der Romantik bis zur Gegenwart
- Semperoper Dresden
- Carl Maria von Weber Museum
- Richard-Wagner-Stätten Graupa
- Schumann-Haus
- Mendelssohn Haus
Literaturhinweise
- Kroll, Frank-Lothar (2022), Geschichte Sachsens, 2., durchgesehene und aktualisierte Auflage, München: Verlag C.H.Beck.
- Karlsch, Rainer; Schäfer, Michael (2006), Wirtschaftsgeschichte Sachsens im Industriezeitalter, Dresden, Leipzig: Edition Leipzig.
- Groß, Reiner (2012), Geschichte Sachsens, 4., erweiterte und aktualisierte Auflage, Leipzig: Edition.
- Wunnicke, Christoph (2021), Kleine Geschichte der Demokratie in Sachsen: Vom Gottesgnadentum zum Grundgesetz, Bonn: Sonderausgabe für die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung.